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Interview mit Le Porte Non Aperte (17.05.2013)

Le Porte Non Aperte

Die Prog-Newcomer aus Europas Süden haben sich mit Haut und Haaren dem Stil verschrieben, der die italienische Szene während der siebziger Jahre unsterblich machte. Was Wunder, dass "Golem" ein Konzeptalbum geworden ist?

Wie so manche italienische Band sperrt ihr euch gegen die englische Sprache; dabei könntet ihr international wesentlich mehr reißen, wenn man euch verstünde ...

Wir möchten uns selbst so gut wie möglich verstehen und völlig in unserer Musik aufgehen, zumal wir in einem Genre zu Gange sind, wo Texte einen fast so hohen Stellenwert genießen wie die Musik selbst. Außerdem verorten wir uns hundertprozentig in der Tradition der alten italienischen Prog-Bands, die eben in ihrer Muttersprache sangen.

Was bewegt euch als verhältnismäßig junge Gruppe dazu, und wie ist euer Name in diesem Zusammenhang zu begreifen?

Eine Tür, die geschlossen bleibt, steht sinnbildlich für das Unbekannte und verweist auf bislang nicht erschlossene Wege, die von jeher einen Reiz auf Menschen ausüben. Wenn du in ein fremdes Haus trittst, interessieren dich die offenen Räume bestimmt weniger als die abgesperrten Zimmer. Diese regen deine Fantasie an oder machen dir Angst, sind aber nichtsdestoweniger anziehend, also setzt du alles darn, sie zu öffnen, um herauszufinden, was sich drinnen befindet. Wir schätzen diese Art von Musik schon seit Ewigkeiten, also war es nur folgerichtig, dass wir irgendwann darauf kamen, sie selbst zu spielen, was wir mit Ehrfurcht vor den großen Namen aus der Vergangenheit tun wollen.

Ein paar Statements zu Songtiteln hätte ich gern: Wer ist der "König des Nichts", wo liegt die "Stadt der Terassen"?

Sieht seltsam aus, die Titel so übersetzt zu hören ... Der König nimmt eine der Hauptrollen in der Geschichte ein, die wir mit dem Album erzählen. Als Metapher steht er gleichsam für einen politischen Führer wie einen einfachen Menschen. In jedem Fall verliert er die Kontrolle über sein Ego beziehungsweise seine Seele, nachdem er sich vor vollendete Tatsachen gestellt sie, weil andere für ihn entschieden haben. Somit beginnt er, gängige Vorstellungen von Logik und Vernunft zu hinterfragen. Die besagte Stadt ist sein Königreich, das man auch als geistiges Herrschaftsgebiet deuten kann.

"Binary 8" klingt dann eher nach Sciencefiction ...

Hier geht es um einen imaginären Zug, und der Titel benennt bloß das Ausgangsgleis, auf dem die Reise des Protagonisten ins Innere seiner selbst beginnt.

Diese führt ihn dann über die "Straße der Wunder" in die "Gärten der Sände", oder wie?

Auf der Straße stößt er auf den Krämer, der mit geplatzten Träumen handelt - der Titel eines weiteren Songs. Die Gärten hingegen markieren tatsächlich das Ziel der Hauptfigur; dort ist Träumen noch möglich, und Zukunftsvisionen können in Erfüllung gehen.

Wer ist dieser Krämer genau - und vor allem: Was hat es mit Elsie, der Schildkröte auf sich?

Der Kerl ist so etwas wie der Erzfeind des König, und er schenkt ihm im übertragenden Sinn die Fahrkarte zu seiner introspektiven Reise, allerdings im Austausch gegen seine Träume. Elsie ist eine von William Grey Walters Schildkröten-Robotern, das Ergebnis seiner Forschungen zur künstlichen Intelligenz. Für uns steht er stellvertretend für den technologischen Fortschritt, in dessen Zug wir eines Tages als einzige denkende Lebewesen auf der Erde ersetzt werden.

Wie komponiert ihr, eher durch Improvisation oder striktes Ausarbeiten?

Beides, aber das meiste Material stammt aus langen Jam-Sessions.

Wie ist es gegenwärtig um Progressive Rock in Italien bestellt?

Hier herrscht gerade wieder Aufwind, ein kleines Revival. Einige Bands von damals haben sich reformiert, während auch viele interessante neue Gesichter in der Szene auftauchen. Leider gibt es immer noch nur wenige Möglichkeiten, im Land aufzutreten, und die Schar derer, die sich für die Musik erwärmen, ist im Vergleich zu Mainstream-Hörern verschwindend gering.

Wie geht es weiter bei euch?

Wir arbeiten momentan an neuen Stücken, welche die Geschichte fortspinnen, und zwar in einer kälteren Umgebung: im Weltraum, wo es noch metaphysischer wird.

Wir sind gespannt - bis dahin!

Andreas Schiffmann (Info)
Alle Reviews dieser Band:
  • Le Porte Non Aperte - Golem (2013)